Kelsterbach, 22.05.2019
Forum Flughafen und Region stellt neuen Fluglärmindex 2.0 zur Ermittlung von Lärmwirkungen vor
Der neue Frankfurter FluglärmIndex (FFI) 2.0 berücksichtigt unter anderem neue wissenschaftliche Erkenntnisse aus der NORAH-Studie und ersetzt den seit 2009 verwendeten Index. Mit dem FFI 2.0 lässt sich bis auf kommunale Ebene berechnen, wie sich die Lärmwirkung in der Region um den Flughafen Frankfurt entwickelt.
Der neue Frankfurter Fluglärmindex (FFI) 2.0 ist das gemeinsame Arbeitsergebnis einer interdisziplinär besetzten Expertengruppe im Forum Flughafen und Region (FFR). Vertreter und Vertreterinnen von Fluggesellschaften, des Flughafenbetreibers und der Deutschen Flugsicherung, der betroffenen Kommunen, der Landesbehörden sowie unabhängige Wissenschaftler und Sachverständige haben in der „Arbeitsgruppe Index“ des FFR zusammengearbeitet, um den seit 2009 verwendeten Fluglärmindex zu überarbeiten. „Mit der Entwicklung des alten Frankfurter Fluglärmindex haben wir vor mehr als zehn Jahren im Rhein-Main-Gebiet Pionierarbeit geleistet“, sagt Professor Jan Wörner, Vorstand des FFR. „Der neue Index geht einen Schritt weiter – er ist noch genauer auf die Lärmwirkungen im Umfeld des Flughafens Frankfurt zugeschnitten.“ Wichtigster Anlass für die Überarbeitung waren die Ergebnisse der 2015 vorgestellten NORAH-Studie. Die Untersuchung war zwischen 2011 und 2013 unter anderem der Frage nachgegangen, wie sich Fluglärm auf die Lebens- und Schlafqualität der Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet auswirkt.
Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen der NORAH-Studie nutzt der neue Index Daten zu Flugbewegungen sowie Bevölkerungszahlen aus der Region. Damit lässt sich berechnen, wo im Umfeld des Flughafens Frankfurt wie viele sogenannte vom Fluglärm „hochbelästigte“ Personen leben und wie oft es in der Nacht durch den Lärm zu zusätzlichen „Aufwachreaktionen“ bei den Anwohnern kommt. Neben seiner Aufgabe als Monitoringinstrument dient der FFI 2.0 noch einem weiteren Zweck: Er bietet die Grundlage, um zu prognostizieren, wie sich mögliche Maßnahmen des aktiven Schallschutzes auswirken würden. Dazu gehören zum Beispiel die Verlegung von Flugrouten, Veränderungen in der Nutzung der vier Frankfurter Start- und Landebahnen oder die Anhebung von Flughöhen. In diese prognostischen Berechnungen fließen zusätzliche Annahmen ein, zum Beispiel über das zukünftige Flugaufkommen oder die Anteile verschiedener Flugzeugtypen.
Der FFI 2.0 umfasst – wie schon sein Vorgänger – zwei getrennte Indizes für den Tag und die Nacht. Der Frankfurter Tagindex (FTI) 2.0 ermittelt die Lärmwirkung zwischen 6 und 22 Uhr. Der Frankfurter Nachtindex (FNI) 2.0 berechnet, wie stark der Fluglärm zwischen 22 und 6 Uhr den Schlaf stört.
So berechnet der neue Frankfurter Fluglärmindex 2.0 die Lärmwirkung tagsüber
Eine zentrale wissenschaftliche Größe bei der Erforschung der Auswirkungen von Fluglärm am Tag ist der Anteil der „hochbelästigten“ Personen („Highly Annoyed“) in einer Region. Ihre Zahl wird mithilfe sogenannter Dosis-Wirkungs-Beziehungen berechnet. Diese geben Auskunft darüber, bei welchem Dauerschallpegel („Dosis“) sich wie viel Prozent der Bevölkerung stark oder äußerst stark vom Fluglärm belästigt fühlen („Wirkung“).
Beispielsweise fühlen sich tagsüber bei einem DauerschallPegel von 40 Dezibel etwa 15 Prozent der Bevölkerung in der Rhein-Main-Region stark oder äußerst stark belästigt. In Gebieten mit einem Dauerschallpegel von 52 Dezibel hingegen sind es schon etwa 60 Prozent. Diese Dosis-Wirkungs-Beziehungen basieren auf den Erkenntnissen der NORAH-Studie von 2013. Das vollständige Ergebnis ist eine mathematische Kurve, die jedem Dauerschallpegel den entsprechenden Anteil Hochbelästigter zuordnet. Im Rahmen der NORAH-Studie hatten die Wissenschaftler unter anderem mehrere tausend Anwohner gebeten, auf einer mehrstufigen Skala anzugeben, wie stark sie sich vom Lärm belästigt fühlten. Parallel dazu hatten sie deren genaue Lärmbelastung ermittelt.
Nach den von NORAH ermittelten Dosis-Wirkungs-Beziehungen fühlen sich bei gleichem Dauerschallpegel mehr Personen hochbelästigt als laut einer früheren Studie, deren Ergebnisse für den alten Fluglärmindex verwendet wurden. Aus diesem Grund wertet der neue Frankfurter Fluglärmindex 2.0 ein größeres Gebiet aus als der alte Index: Bereits ab einem Dauerschallpegel von 50 Dezibel fallen Regionen in das Auswertungsgebiet des FFI 2.0. Das alte Tagindexgebiet berücksichtigte Regionen erst ab einem Dauerschallpegel von 53 Dezibel.
Ermittlung der Lärmwirkung während der Nacht
Auch für die Ermittlung der nächtlichen Lärmwirkung berücksichtigt der neue Frankfurter Nachtindex 2.0 ein größeres Gebiet als der alte. Das Nachtindexgebiet umfasst alle Regionen mit einem nächtlichen Dauerschallpegel von mindestens 45 Dezibel. Damit trägt der neue Index den Ergebnissen der NORAH-Studie Rechnung. Die Grundlage des alten Fluglärmindex für die Berechnungen der nächtlichen Lärmwirkung stammten aus einer Studie von 2001/2002 im Umfeld des Flughafens Köln-Bonn.
Über den Dauerschallpegel hinaus berücksichtigt der Nachtindex 2.0 aber auch Anzahl und Maximalschallpegel einzelner Überflüge. Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass einzelne Schallereignisse den Schlaf stören können. Auch dazu hatte die NORAH-Studie neue Erkenntnisse geliefert.
Die Wissenschaftler hatten untersucht, wie häufig es im Schlaf bei den Anwohnern zu zusätzlichen, durch Fluglärm verursachten „Aufwachreaktionen“ kam. Aufwachreaktionen treten auch bei gesundem Schlaf in ruhiger Umgebung mehrmals in der Nacht auf, häufig bleibt am Morgen keine Erinnerung daran zurück. Zusätzliche, durch Fluglärm verursachte Aufwachreaktionen können aber die natürlichen Schlafzyklen unterbrechen und dadurch die Schlafqualität verringern. Mithilfe von Hirnstrommessungen – ähnlich wie in einem Schlaflabor – und Schallaufzeichnungen am Ohr der Schlafenden hatten die NORAH-Wissenschaftler ermittelt, bei welcher Anzahl und Stärke von Maximalschallpegeln es zu wie vielen zusätzlichen, durch Fluglärm verursachten Aufwachreaktionen kommt.
Instrument für die Bewertung von Lärmwirkung und Schallschutzmaßnahmen
Um die Entwicklung der Lärmwirkung in der Region zu überwachen, berechnet das zum FFR gehörende Umwelthaus sowohl den Tagindex als auch den Nachtindex jedes Jahr. Alle fünf Jahre prüft das FFR zudem künftig, ob der Index erneut überarbeitet werden muss – zum Beispiel, weil neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. „Mit dem Frankfurter Fluglärmindex 2.0 liegt uns ein wichtiges und wissenschaftlich fundiertes Instrument vor, um die Auswirkungen von Fluglärm in der Region im Blick zu behalten“, erklärt Wörner. „Ein solches Instrument ist unerlässlich, um zum Beispiel wirkungsvolle Schallschutzmaßnahmen zu entwickeln und die Lärmwirkung möglichst substanziell zu senken.“